Die Einführung eines Wikis an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB) im Bereich der Lehre zielt darauf ab, eine zentrale und offene Plattform für die Zusammenarbeit der Lehrkräfte sowie dem Teilen von „lehrrelevanten“ Informationen zu schaffen. Eine erfolgreiche Einführung eines Wissensmanagementkonzepts kann dabei unterstützen, dass Lehrende effektiver zusammenarbeiten, ihr Wissen teilen und von den Erfahrungen ihrer Kolleginnen und Kollegen profitieren (vgl. Siegel, Krummenauer-Grasser & Stahl 2021; Ebner et al. 2015:77; Schweitzer et al. 2019:5).
Der Fokus der Herangehensweise und somit auch dieses Konzepts liegt auf der Förderung von kollegialer Zusammenarbeit sowie der Entwicklung gemeinsamer Ideen. Diese Entwicklungsprozesse sollen dabei durch das Wiki dokumentiert, strukturiert und gespeichert werden (Wissensgenerierung & -speicherung).
Das Ziel dieses Kurzkonzepts besteht darin, die Einführung eines lehrbezogenen Wikis an der KHSB zu skizzieren und die verschiedenen Aspekte zu beleuchten, die bei der Umsetzung berücksichtigt werden müssen.
Die Aktualität und Relevanz von Wissensmanagement an einer Hochschule lässt sich an verschiedenen Bereichen verdeutlichen: Der Austausch über die eigene Lehrpraxis und die eigenen Lehrerfahrungen ist an deutschen Hochschulen aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen nicht stark ausgeprägt (vgl. Huber 2014, S. 23).
Darüberhinaus verfügen Professor*innen in ihrem jeweiligen Fachgebiet in Teilen über Wissensmonopole (vgl. Bastian & Groß-Mlynek, 2018; Tippins, 2003). Die hohe Mitarbeiter*innenfluktuation an Hochschulen verursacht bei bei fehlendem oder nicht ausreichendem Wissensmanagement hohe Wissensverluste (vgl. Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs, 2017) und in Folge mehr Ressourcenverbrauch.
Eine gemeinsame und nachhaltige Nutzung und Pflege von Lehr- und Lernkonzepten ist an deutschen Hochschulen wenig verbreitet (vgl. Ebner et al., 2015; Schweitzer et al., 2019).
An der KHSB gibt es mehrere Systeme, welche die „Funktion von Wissensmanagement“ übernehmen und dabei jedoch über kein trennscharfes Aufgabengebiet verfügen (Intranet, LMS Moodle, MS Teams, NextCloud, Dokumentenserver). Es gibt jedoch keine zentrale Plattform, die für die gemeinsame Nutzung und Entwicklung von Lehr- und Lernkonzepten bzw. für eine kollegiale Zusammenarbeit von Lehrkräften genutzt oder vielmehr geeignet erscheint.
Im Rahmen der Evaluation des Virtuellen Campus im Projekt SOLC wurde der bedarf von Lehrkärften deutlich, dass sich Lehrende einen innerkollegialen Austausch über Lehr- und Lernformate für die digital unterstützte Lehre wünschen. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass die verschiedenen Lehrkräfte den didaktischen Möglichkeitsraum digital gestützter Lehre sehr heterogen nutzen und interpretieren.Dieser exemplarische Themenbereich verdeutlicht den Bedarf Lehrender nach kollaborativer Zusammenarbeit unter Nutzung eines zentralen Tools, welches diesen Prozess erleichtern und strukturieren könnte.
An der KHSB wird ein Wiki eingeführt, das die Zusammenarbeit der Lehrkräfte unterstützten soll. Es dient als hilfreiches Werkzeug für verschiedene Prozesse wie bspw. die Generierung, Speicherung, Verteilung und Anwendung von Wissen. Die besondere Struktur der Institution Hochschule erfordert dabei gerade nicht eine Einführung und Sensibilisierung über eine top-down-Anordnung für Mitarbeitende in Verbindung mit der Bereitstellung der entsprechenden Infrastruktur. Vielmehr beginnt dieser Entwicklungsprozess in den Köpfen der Lehrkräfte, indem diese eine mögliche Einführung als Mehrwert einstufen (vgl. Herwig, o.J.) und sich mit den Inhalten des Wikis identifizieren können. Diese Herangehensweise ist wegweisend für den gesamten Entwicklungsprozess.
Um das Wiki an der KHSB einzuführen und zu testen, wird eine Pilotgruppe aus interessierten Lehrkräften gebildet. Neben der Sensibilisierung der Lehrkräfte für die Nutzung des Wikis ist auch die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Generierung von Wissen von hoher Bedeutung. Das Hauptziel des Wikis besteht nicht darin, lediglich Dateien abzulegen und vorhandenes Wissen zur Verfügung zu stellen, sondern vielmehr darin das „Teilen von Wissen“ sowie die Zusammenarbeit im Rahmen der Wiki-Pilotgruppe zu erproben.
In einem Einführungsworkshop werden interessierte Lehrkräfte gebeten, für sie relevante Themen des Hochschuldiskurses auszuwählen und diese innerhalb der Pilotgruppe in Kleingruppen zu bearbeiten. Die einzelnen Arbeitsprozesse und Ergebnisse werden regelmäßig im Wiki dokumentiert und können je nach Bedarf auch hochschulintern an Kolleginnen und Kollegen verteilt werden. Darüber hinaus werden zusätzlich zur Pilotgruppe interne Kooperationspartner*innen wie bspw. die Bibliothek sowie das Qualitäts- und oder Forschungsmanagement Inhalte zum Themenbereich „Lehre und Forschung“ für das Wiki erstellen, um somit dem Wiki als Tool in der täglichen Arbeit mehr Relevanz geben zu können.
Die Pilotgruppe besteht aus interessierten Lehrkräften der KHSB (Professor*innen und wissenschaftliche Mitarbeitende), die in Einzelgesprächen für die Pilotgruppe gewonnen werden und für den Nutzen eines Wikis sensibilisiert sind. Die Lehrkräfte haben insgesamt bisher wenig bis keine Erfahrung in der Erstellung von Inhalten für ein Wiki.
Um eine niedrigschwellige Nutzung des Wikis zu ermöglichen, erhält die Pilotgruppe im Rahmen einer Auftaktveranstaltung eine Einführung in die Wiki-Software und dessen Nutzungsweisen. In diesem Rahmen werden Arbeitsgruppen zu selbst gewählten Themenbereichen gebildet. Die Organisation und die Arbeit innerhalb der Arbeitsgruppen kann durch das Team von SOLC unterstützt werden.
Die Gestaltung der Rahmenbedingungen der Pilotgruppe und insbesondere der Auftaktveranstaltung werden an den Überlegungen von Probst et al. im Sinne eines Möglichkeitsraumes für „Kontexte für Neues und Wissenstransfer“ ausgerichtet (vgl. Probst et al. 1997: 185):
a) Offener Raum / Vertrauliche Atmosphäre:
Die Schaffung eines vertraulichen Raumes, in dem die Teilnehmenden ohne Furcht vor Kritik oder negativen Folgen Ideen und Vorschläge frei äußern können. Dies erfordert eine Kultur, die Vertrauen und Offenheit fördert, in der verschiedene Perspektiven und Meinungen geschätzt sowie Fehler als sinnvoll für den Denkprozess gesehen werden. Es wird daher angestrebt die Treffen in Präsenz stattfinden zu lassen. Mindestens aber die erste Sitzung, um das persönliche Kennenlernen zu erleichtern.
b) Handlungsentlastung:
Der Arbeitsaufwand für die Pilotgruppe wird so gering wie möglich gehalten. Dies wird auch bei der spezifischen Auswahl des Wikis berücksichtigt, welches einen niedrigschwelligen Zugang ermöglicht. Darüber hinaus wird zu Beginn eine Schulung in die wesentlichen Funktionen des Wiki durchgeführt gerahmt von unterschiedlichen Unterstützungsangeboten wie bspw. schriftlichen Anleitungen, Video-Tutorials oder bei Bedarf auch Einzelschulungen. Ein technischer Support durch das Team von SOLC während der gesamten Arbeitsphase wird ermöglicht. Für eine weitere Arbeitserleichterung, kann SOLC die teilnehmenden Lehrkräfte bei der Erstellung digitaler Inhalte unterstützen.
c) Heterogene Arbeitsgruppe:
Die Pilotgruppe besteht aus Lehrkräften aller Studiengänge sowie in Teilen aus Mitarbeitenden der Verwaltung. Die Vernetzung , der Austausch und die Kommunikation über verschiedene Perspektiven von Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Arbeitsgebieten fördert die Entstehung von Neuem und bildet die Grundlage für Innovationen.
d) Interessendeckung:
Die Teilnehmer*innen der Pilotgruppe wählen sich ein gemeinsames Themengebiet sowie ihr Wissensziel selbst aus um somit eine höchst mögliche Identifikation mit den zu bearbeitenden Themen zu erreichen und damit auch nicht die Motivation der einzelnen Personen zu schwächen.
Die Moderation der einzelnen Sitzungen gewährleistet die Berücksichtigung der zuvor genannten Punkte.
Im Hinblick auf die Zielgruppe sowie der unterschiedlichen Fachrichtungen sind die folgenden Kriterien bei der Auswahl der Wiki-Software zu beachten. Die Reihenfolge der unten genannten Punkte orientiert sich an der gewählten Gewichtung des jeweiligen Kriteriums.
Benutzerfreundlichkeit:
Die Wiki-Plattform verfügt über eine intuitive Benutzeroberfläche und bietet eine einfache Handhabung, um den Einstieg für Lehrkräfte ohne Vorkenntnisse zu erleichtern. Eine benutzerfreundliche Plattform ermöglicht eine schnelle Anpassung und minimiert die Lernkurve.
Funktionalität:
Eine einfache und intuitive Erstellung von Artikeln sowie verschiedene Möglichkeiten zur Bearbeitung von Beiträgen ist möglich. Dazu gehören beispielsweise die WYSIWYG-Funktionalität („what you see is what you get“), die den Nutzer*innen das Gefühl eines konventionellen Textverarbeitungsprogramms bei der Erstellung von Beiträgen gibt. Mediendateien können einfach eingebunden werden.
Eine Benutzerverwaltung, um verschiedenen Benutzergruppen unterschiedliche Rechte zu geben ist vorhanden.
Anpassungsfähigkeit:
Die Wiki-Software ermöglicht eine einfache Anpassung des Designs an das Corporate Design der Hochschule. Hierbei werden Elemente wie das Logo der Hochschule, Farben und Schriftart berücksichtigt.
Unterstützung und Dokumentation:
Die Wiki-Software ist Open-Source und wird kontinuierlich weiterentwickelt. Eine ausführliche Dokumentation und eine aktive Community für eventuelle Problemlöseprozesse sind vorhanden.
Der gesamte Prozess wird regelmäßig durch das Anbieten von Rückmeldemöglichkeiten der Teilnehmer*innen innerhalb der Wiki-Software begleitet (anonyme Online-Formulare und Kommentarspalten). Die Wiki-Software wird dabei iterativ an die Bedürfnisse der Lehrkräfte angepasst. Am Ende der Pilotphase erfolgt eine Abschlussbefragung via Online-Fragebogen.
Langfristig wird angestrebt, das Wiki als zentrale Plattform für den Austausch von Lehrmaterialien, Unterrichtsmethoden, hochschulinternen Fachdiskursen sowie bewährten Praktiken zu etablieren. Durch die aktive Beteiligung der Lehrkräfte und weiteren Kooperationspartnern sowie den kontinuierlichen Ausbau des Wissensnetzwerks ist von einer hohen Vielfalt an relevanten Inhalten zu erwarten.
Im Zuge der Entwicklung dieser Konzeption und vielen Gesprächen mit Mitarbeitenden der KHSB kam immer wieder der Wunsch durch Mitarbeitende auf, dass „die Verwaltung der KHSB“ ebenfalls in diesem Wiki mitgedacht werden soll. Diese Perspektive wurde in diesem ersten Schritt der Einführung eines Wikis ganz bewusst nicht mitgedacht, soll aber in weiteren Schritt im Anschluss an die erste Testphase berücksichtigt werden.
Autor: Christoph Kuhnt, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt SOLC
BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2007): Wissensmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen und öffentlicher Verwaltung.
Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (2017): Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. Bielefeld: wbv.
Probst, G.J.B., Raub, S.P. and Romhardt, K. (1997): Wissen managen: wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen.
Wilkesmann, U. / Rascher, I. (2005): Wissensmanagement -Theorie und Praxis der Motivationalen und Strukturellen Voraussetzungen.